October Daye - McGuire, S: October Daye by McGuire Seanan

October Daye - McGuire, S: October Daye by McGuire Seanan

Autor:McGuire, Seanan [McGuire, Seanan]
Die sprache: deu
Format: epub
Tags: Roman
Herausgeber: Egmont vgs Verlagsgesell.
veröffentlicht: 2012-01-26T23:00:00+00:00


Kapitel 17

May brauchte knapp eine halbe Stunde. Die meisten Taxifahrer in San Francisco sind kaum zurechnungsfähig und fahren, als könnten an jeder Ecke Talentsucher für das Indianapolis 500 lauern. Dazu kommt in den meisten Fällen eine ausgesprochen einfallsreiche Nichtbeherrschung der Landessprache – alles in allem eine Taxi-Erfahrung, die jeder ein Mal gemacht haben sollte. Bloß ein Mal. Nicht öfter. Also wenn man nicht gerade so in Eile ist, dass man auch bereit wäre, sich den nächstbesten Twylyth Teg zu schnappen und um einen Ritt auf einem Bündel Schafgarbenstängel zu bitten, sollte man lieber den Bus nehmen. Wem das nicht schnell genug geht, der sollte auf die Schafgarbenstängel zurückgreifen, denn eine Million Splitter in den Oberschenkeln ist immer noch weniger Verdruss als eine Fahrt mit einem San Franciscoer Taxi.

Die Luidaeg reagierte auf das Klingeln, wie es ihre Art war: Sie riss mit Schwung die Tür auf und fauchte: »Was ist los?« Dann erstarrte sie zur Salzsäule. Schön, zu sehen, dass ich nicht die Einzige war, die so reagierte. »Was zum –«

May winkte und grinste schief. »Tag, ich bin May. Ist Toby da?«

Dieser Augenblick war beinahe den ganzen Aufwand wert. Noch nie hatte ich die Luidaeg überfordert erlebt. Es hielt nur ein paar Sekunden an, dann kniff sie die Augen zusammen. »Was immer du bist, du bist nicht Toby.« Ihre Stimme war plötzlich ganz tief und hatte einen sehr gefährlichen Unterton. »Du riechst anders. Was bist du?«

»Ich muss auch anders riechen, schließlich hab ich mich gerade mit Erdbeer-Eukalyptus-Badeöl in der Wanne gesuhlt. Das Zeug ist der Hammer!« Ihr Grinsen wurde breiter. »Ist Toby hier? Sie wollte, dass ich komme. Ich bin hier doch richtig, oder? Ihr seid die Luidaeg, nicht wahr? Ihr seht jedenfalls aus wie die Luidaeg …«

»Ja«, sagte die Luidaeg und entspannte sich kein bisschen, »das bin ich. Aber wer zum Henker bist du?«

»Hab ich doch gesagt.« May blinzelte verwirrt, ihr Grinsen verschwand. »Ich bin May Daye.«

Die Luidaeg richtete sich auf. Rasch trat ich vor und legte ihr die Hand auf den Arm. »Luidaeg, warte.« Irgendwie glaubte ich nicht, dass es meinen bevorstehenden Tod aufhalten würde, wenn ich sie meinen Holing aufschlitzen ließ. Schade eigentlich. »Sie ist mein Holing.«

»Was?« Die Luidaeg drehte sich um und starrte mich an, bis ihre Augenbrauen fast den Haaransatz berührten. In ihrem Blick lag etwas, das wie Angst aussah. Aber warum sollte die Luidaeg sich vor meinem Holing fürchten? May war doch meinetwegen da, nicht ihretwegen.

»Holing«, sagte May so vergnügt wie immer. Meine plötzliche zweite Kindheit schien sie nicht weiter zu irritieren. Und auch nicht zu überraschen. Ich hätte wirklich besser aufpassen sollen, als meine Mutter mich über Holinge belehrte. Ich wusste zwar, dass May mit meinen Erinnerungen ausgestattet war, aber ich hatte keinen Schimmer, wie viel sie eigentlich davon mitbekam, was mit mir passierte, nachdem sie »geboren« war. »Ich bin hier, um sie ins Tal der Verdammten zu geleiten. Aber zuerst mal will ich sie nach Hause fahren. Und vielleicht unterwegs beim Inder was zu essen mitnehmen.«

Ich lächelte matt. Es war schwer, sich ihrem Enthusiasmus zu entziehen, auch wenn sie nur existierte, weil ich bald abtreten würde.



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